Nebenberufliche Selbständigkeit: Diese Punkte solltest du beachten

Nebenberuflich selbständig - Diese Punkte solltest du beachten

Lesedauer: 6 Minuten

Nebenberuflich im Internet Geld verdienen, warum nicht? Der Trend, sich neben seiner Haupttätigkeit etwas als Selbständiger hinzuverdienen zu wollen, ebbt nicht ab.

Mehr als 50 Prozent aller Existenzgründer in Deutschland gründen nebenberuflich, wahrscheinlich auch aus Sicherheitsbedenken. Denn wer noch einen Vollzeitjob und dadurch ein regelmäßiges Einkommen hat, geht an die Selbständigkeit entspannter heran und verspürt nicht den Druck, recht schnell Einnahmen erzielen zu müssen. Außerdem ist man weiterhin sozialversichert.

Ein weiterer Vorteil der nebenberuflichen Gründung: Man kann mit nur geringen Kosten anfangen und vom Home-Office aus starten.

Scheitert das Unterfangen irgendwann, steht man nicht vor der Frage, wie es weitergeht, sondern kann ohnehin in seinem Job weiterarbeiten. Läuft die nebenberufliche Gründung nach einer bestimmten Zeit so gut, dass ein Vollzeitjob damit nicht mehr vereinbar ist, kann man immer noch kündigen.

Neben diesen Vorteilen hat eine nebenberufliche Selbständigkeit ihre Nachteile: Durch den Vollzeitjob als Arbeitnehmer/in kann man nicht seine volle Energie in dieses Projekt stecken und holt wahrscheinlich als Folge nicht das Optimale raus.  Und man ist beruflich noch mehr eingespannt und hat so gut wie keine Freizeit mehr. Aber das ist eine andere Sache.

In diesem Beitrag will ich darauf eingehen, was du bei einer nebenberuflichen Gründung zu beachten hast.

Definition von Selbständigkeit im Nebenerwerb

Eine Selbständigkeit im Nebenerwerb oder eine Nebenerwerbsselbständigkeit (was für ein schreckliches Wort – typisch Deutsch :-)) ist gegeben, wenn

  • du zusätzlich zu einer Erwerbstätigkeit, entweder als Angestellte/r, Beamter/Beamtin oder als Selbständige/r eine weitere selbständige Erwerbstätigkeit, die in Teilzeit durchgeführt wird, ausführst.
  • eine Gewinnerzielungsabsicht in der selbständigen Nebenerwerbstätigkeit zu erkennen ist.
  • wenn die Einnahmen aus der selbständigen Nebenerwerbstätigkeit weniger als 50 Prozent deines Gesamteinkommens ausmachen.

Bevor du den Schritt zu einer Gründung im Nebenerwerb vollziehst, solltest du gewisse Dinge beachten, vor allem was Steuern, Recht und Versicherungen angeht.

Darauf solltest du bei deiner Gründung im Nebenerwerb achten

#1 Gründung beim Gewerbeamt anmelden

Das dürfte der erste Schritt sein, deine Gründung beim Gewerbeamt deiner Stadt oder deiner Kommune anzumelden. Dies ist nicht nur für Vollzeitgründungen, sondern auch für nebenberufliche erforderlich.

Wenn ich an meine Gewerbeanmeldung denke, dann ging diese ruck zuck über die Bühne, denn man muss nur seine Tätigkeit näher erläutern, Angaben zur Person und seine Anschrift hinterlassen sowie eine Anmeldegebühr von ca. 30 Euro zahlen. Der Betrag kann sich mittlerweile auch geändert haben, aber er dürfte sich ungefähr in diesem Kostenrahmen bewegen.

Das Gewerbeamt wird deine Anmeldung an das Finanzamt und an die Berufsgenossenschaft weiter leiten.

Freiberufler wie Autoren oder Übersetzer müssen sich nicht beim Gewerbeamt anmelden, da ist eine Anmeldung beim Finanzamt völlig ausreichend.

#2 Arbeitgeber über die nebenberufliche Selbständigkeit informieren

Generell darf man in Deutschland jeden Beruf wählen, den man will. Und man hat auch die Freiheit, neben der hauptberuflichen Tätigkeit weitere nebenberufliche auszuüben, sodass keine gesetzliche Pflicht besteht, den Arbeitgeber über die anstehende Gründung zu informieren.

Dennoch gibt es bestimmte Punkte einzuhalten:

  • Du solltest deine Haupttätigkeit wegen deiner nebenberuflichen Selbständigkeit nicht vernachlässigen.
  • Mit dem Nebenerwerb solltest du deinem Arbeitgeber keine Konkurrenz machen oder seinem Ansehen Schaden zufügen.
  • Du solltest dich nicht krankschreiben lassen, um in dieser Zeit deine Nebentätigkeit anzukurbeln.
  • Du solltest beide Tätigkeiten strikt voneinander trennen, also nicht während des Hauptjobs Sachen für deinen Nebenjob erledigen.
  • Die wöchentliche Arbeitszeit sollte die festgelegte Arbeitszeit des Hauptjobs nicht mehr als 20 Prozent überschreiten.
  • Wer als ALG 1- oder ALG 2-Bezieher nebenberuflich gründen will, der sollte maximal 15 Stunden pro Woche für die Tätigkeit einsetzen, denn ansonsten verliert man den Anspruch auf ALG 1 oder ALG 2.

Sollten einer oder mehrere der ersten fünf aufgeführten Punkte für deinen Nebenerwerb zutreffen, kann dein Arbeitgeber dir den Nebenjob untersagen. Bestimmte Berufsgruppen wie Beamte oder Richter müssen sich eine Nebentätigkeit genehmigen lassen.

Und wer noch in der Ausbildung ist, sollte sich wegen eines Nebenjobs ausführlich informieren, denn hier gibt es für Jugendliche unter 18 Jahren spezielle Gesetze wie z. B. das Jugendarbeitsschutzgesetz.

Generell ist es zu empfehlen, den Arbeitgeber über deine berufliche Veränderung zu informieren, denn wenn er die Tatsache über jemanden anderen erfährt, kann die Vertrauensbasis dauerhaft gestört sein.

#3 Kleinunternehmerregelung – ja oder nein?

Du musst dich bei Beginn deiner selbständigen Nebentätigkeit entscheiden, ob du Umsatzsteuer (19 Prozent, gemäßigter Prozentsatz von 7 Prozent bei bestimmten Leistungen auch möglich) auf deine Leistungen berechnen willst oder nicht.

Um die Entscheidung zu erleichtern, gibt es die Kleinunternehmerregelung (§19 Umsatzsteuergesetz). Bei dieser gilt, dass der Existenzgründer im ersten Gründungsjahr keine Umsatzsteuer berechnen muss, wenn sein Umsatz voraussichtlich den Bruttobetrag von 17 500 Euro nicht überschreitet.

Ein wesentlicher Vorteil der Kleinunternehmerregelung ist, dass damit weniger Bürokratie und Zeitaufwand verbunden sind, denn die monatliche Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt entfällt.

Ein großer Nachteil ist aber auch, dass du keine Vorsteuer abführen kannst. Hast du viele Ausgaben für bestimmte Anschaffungen oder Schulungen, dann kannst du die Mehrwertsteuer auf diesen Rechnungen nicht abführen. Genaueres zur Kleinunternehmerregelung findest du hier.

#4 Die richtige Rechtsform

Darüber werden sich wahrscheinlich nicht allzu viele Gedanken machen. Die meisten nebenberuflichen Existenzgründer starten als Einzelunternehmer oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (bei 2 Personen).

Wer diese Rechtsformen wählt, hat keinen Aufwand, was die Eintragung ins Handelsregister, die Beschaffung von Stammkapital, notarielle Beglaubigungen usw. angeht. Dafür stehst du als Einzelunternehmer uneingeschränkt mit deinem Privatvermögen in der Pflicht, falls was schiefgehen sollte.

Eine interessante Alternative ist die Gründung einer Mini-GmbH oder UG -Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt). Weitere Informationen dazu bietet dieser Artikel.

#5 Steuern und Versicherungen beachten

Dieses leidige Thema begleitet dich auch in die nebenberufliche Selbständigkeit. Dennoch haben nebenberuflich Selbständige einige Vorteile, vor allem was die Sozialversicherungen wie Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung angeht.

Einkommensteuer: Deine Einnahmen aus der Nebentätigkeit müssen ab einem Gewinn von mehr als 410 Euro versteuert werden.

Gewerbesteuer: Diese wird erst ab einem Gewinn von 24 500 Euro fällig. Freiberufler brauchen keine Gewerbesteuer zu zahlen.

Umsatzsteuer: Umsatzsteuer wird fällig, wenn du mehr als 17 500 Euro Umsatz im zurückliegenden Jahr erwirtschaftest hast bzw. im laufenden Jahr mehr als 50 000 Euro. Dann gilt für dich nicht mehr die Kleinunternehmerregelung (siehe oben).

Krankenversicherung: Hier wird sich bei vielen nichts ändern, denn wer im Hauptberuf einer Arbeitnehmertätigkeit nachgeht, ist weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert und braucht keine extra Versicherung.

Wer allerdings mehr als 18 Stunden für den Nebenjob einsetzt oder wenn der Nebenjob den Hauptberuf wirtschaftlich überwiegt, dann muss man sich um eine private oder freiwillige Versicherung kümmern. Am besten klärst du vorab die Einzelheiten mit deiner Krankenversicherung.

Rentenversicherung: Für diese Versicherung gilt das gleiche wie für die Krankenversicherung, denn gesetzlich rentenversichert bist du über den Hauptjob.

Unfallversicherung: Eine allgemeine Pflicht für eine Unfallversicherung existiert nicht. Wenn die nebenberufliche Selbständigkeit dies aber erfordert, sollte eine extra Unfallversicherung für diese Tätigkeit abschließen. Denn bei einem Berufsunfall im Nebenjob greift die über die Berufsgenossenschaft abgeschlossene Unfallversicherung leider nicht.

#6 Unterstützung vom Staat

Gründer im Nebenerwerb können wie Vollzeit-Gründer Förderprogramme und Bezuschussungen in Anspruch nehmen.

Dazu findet man im Internet zahlreiche informative Plattformen, wie u. a.

Zusätzlich zu den Online-Informationen solltest du dich diesbezüglich umfassend beraten lassen, ob nun in Gründerzentren, auf der Arbeitsagentur, bei der IHK in deiner Stadt oder in anderen Einrichtungen.

#7 Hinzuverdienstgrenzen für ALG 1- und ALG 2-Bezieher sowie Studenten

Für Arbeitnehmer und 450-Euro-Jobber gibt es keine Hinzuverdienstgrenzen zu beachten, aber für ALG 1- und ALG 2-Bezieher sowie für Studenten schon.

ALG 1-Bezieher dürfen höchstens 165 Euro im Monat hinzuverdienen,  ALG 2-Bezieher 100 Euro. Werden die Einnahmen überschritten, werden die Mehreinnahmen auf die Transferleistung angerechnet, sprich man bekommt weniger Arbeitslosengeld 1 oder 2.

Studenten, die BAföG beziehen, dürfen maximal 400 Euro im Monat hinzuverdienen.

#8 Gefahr der Scheinselbständigkeit

Wer zwar offiziell selbständig tätig ist, aber wie ein Arbeitnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis arbeiten muss, wird als scheinselbständig eingestuft. Diese Tatsache kann in den ersten Monaten einer Gründung schnell passieren, wenn man mit der Kundengewinnung noch nicht allzu weit vorangekommen ist und möglicherweise nur einen Kunden aufweisen kann.

Die deutsche Rentenversicherung definiert folgende Merkmale einer Scheinselbständigkeit:

  • Du entscheidest nicht frei über deine Arbeitszeit.
  • Du verpflichtest dich, uneingeschränkt den Weisungen des Auftraggebers Folge zu leisten.
  • Du verpflichtest dich, dem Auftraggeber regelmäßig Berichte abzuliefern.
  • Du kannst deine Arbeitsstätte nicht frei wählen.
  • Du kannst deine Preise und Stundensätze nicht selbst bestimmen.
  • Du bist hauptsächlich nur für einen Kunden tätig, der ca. 85 Prozent deines Umsatzes ausmacht.
  • Du lässt dich von deinem Auftraggeber anderweitig kontrollieren, beispielsweise indem du bestimmte Hard- und Software, die der Auftraggeber vorgeschrieben hat, einsetzt.
  • Du bemühst dich nicht um neue Kunden.
  • Bei dir arbeiten keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, denen du mehr als 400 Euro pro Monat zahlst.

Falls mindestens drei der genannten Kriterien auf dich zutreffen, bist du höchstwahrscheinlich als Scheinselbständiger tätig. Als Scheinselbständiger trägst du nicht das volle unternehmerische Risiko wie ein wirklich Selbständiger und agierst nicht frei, was Arbeitszeit und -ort angehen.

Die Folge: Es fallen Sozialversicherungsbeiträge an bzw. müssen nachgezahlt werden. Auch steuerlich hat das ganze Auswirkungen. Auf existenzgründer.de finden sich dazu weitere Informationen.

#9 Aufwand bedenken

Nebenberuflich gründen mag gerade in der Startphase einem Energie und Antrieb verleihen, denn schließlich kommt eine spannende Neuerung ins Leben. Doch oft legt sich die Euphorie recht schnell.

Denn meistens arbeitet man im Nebenjob nach der Arbeit im Vollzeitjob, das heißt am Abend und am Wochenende. Da muss der dauerhafte Antrieb schon sehr groß sein, um diese geistige und körperliche Kraftanstrengung lange und beständig aufbringen zu können.

Letztendlich sind der Feierabend und das Wochenende dafür da, die Akkus von der anstrengenden Vollzeittätigkeit wieder aufladen zu können und sich nicht weiter mit Arbeit zu belasten. Ich stehe deshalb diesem Vorhaben etwas kritisch gegenüber, was nicht heißen soll, dass es generell nicht zu schaffen ist. Wer schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, dürfte mit der Mehrbelastung weniger gut klar kommen als beispielsweise Endzwanziger :-).

Aber auch darüber sollte man sich vor der nebenberuflichen Gründung auseinandersetzen, um nicht gleich nach ein paar Monaten ausgelaugt aufzugeben.

Fazit

Nebenberuflich gründen: Auch diese Vorgehensweise hat sowohl Licht als auch Schatten.

Auf der einen Seite ist man durch seinen versicherungspflichtigen Hauptjob finanziell abgesichert, muss sich nicht um Kranken- oder Rentenversicherung kümmern und kann daher lockerer und ohne den großen Erfolgsdruck an die Sache rangehen.

Andererseits kommt eine weitere Ladung an Arbeitsbelastung auf einen zu, sodass für Familie, Kinder, Freunde, Entspannung und Freizeit kaum mehr Raum bleibt.

Du solltest also vorab wissen, was auf dich zukommt und ob du dies körperlich und geistig bewältigen kannst. Ist der Hauptjob schon stressig genug, dann ist eine nebenberufliche Existenzgründung sicherlich nicht die richtige Idee, es sei denn, du willst dir irgendwann damit den Ausstieg aus deinem Arbeitnehmerjob ermöglichen.

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