Factoring für Selbstständige

Factoring für Selbstständige

Lesedauer: 3 Minuten

Als Selbstständiger oder Freiberufler kennst du bestimmt die Situation: Die Käufer fragen bei Auftragserteilung nach einer späteren Bezahlung der Rechnung.

Um die Kunden nicht zu verlieren, gehst du darauf ein und stellst die Rechnung mit einem Zahlungsziel von 30 bis 90 Tagen aus. Die Ware lieferst du umgehend oder erbringst die Dienstleistung sofort.

Anschließend beginnt die Wartezeit auf den Zahlungseingang. Du kannst das Geld nicht nutzen, um deine laufenden Kosten zu decken. Stattdessen hast du zusätzliche Arbeit mit dem Überwachen des Zahlungsziels und dem Überprüfen des Zahlungseingangs.

Im schlimmsten Fall musst du den Kontokorrentkredit auf deinem Geschäftskonto nutzen, um deine eigenen Rechnungen pünktlich zu bezahlen. Das kostet Zinsen und du musst darauf achten, das Konto wieder auszugleichen.

Um diese Umstände zu vermeiden, kannst du Factoring nutzen. Früher konnten nur große Unternehmen offene Forderungen an eine Bank oder ein Factoringunternehmen verkaufen.

Heute gibt es eine Vielzahl an Anbietern, die den Forderungsankauf für Selbstständige und Freiberufler aus zahlreichen Branchen anbieten. Die Abwicklung erfolgt online und auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können offene Forderungen in Liquidität umwandeln.

Was ist Factoring?

Factoring ist der Verkauf von offenen Rechnungen an ein Factoringunternehmen. Für Selbstständige bieten sich vor allem Factoringanbieter ab, die sich auf den Forderungsankauf von KMU spezialisiert haben. Online sind zahlreiche Angebote für fast jede Branche zu finden.

Wenn du dich für Factoring entscheidest, kannst du deinen Kunden eine Rechnung mit dem gewünschten Zahlungsziel von 30 bis 90 Tagen ausstellen. Statt auf das Geld zu warten, erhältst du den größten Teil der Rechnungssumme innerhalb von 1 bis 2 Arbeitstagen von dem Factoringunternehmen.

Der Factor zahlt dir nach Überprüfung der Rechnung 80 % bis 90 % des Rechnungsbetrages sofort aus. Den restlichen Betrag erhältst du, sobald die Rechnung fällig ist. Die Kosten für den Forderungsankauf stellt dir der Factor einmal im Monat oder quartalsweise in Rechnung.

Es hängt von der gewählten Factoringart ab, ob deine Kunden von dem Forderungsverkauf erfahren und welche Dienstleistungen der Factor sonst noch übernimmt.

Welche Factoringarten gibt es?

Damit möglichst viele Unternehmen Factoring nutzen können, haben die Anbieter unterschiedliche Factoringarten entwickelt. Hier ein Überblick über die wichtigsten Varianten für Selbstständige:

  • Offenes Factoring: Die Käufer werden über den Verkauf der offenen Forderungen informiert. In der Regel geschieht dies durch einen Abtretungsvermerk auf der Rechnung. Dort wird die Bankverbindung des Factors angegeben, damit die Debitoren bei Fälligkeit direkt an den Factoringanbieter überweisen können.
  • Stilles Factoring: Die Debitoren erfahren nichts von dem Forderungsverkauf. Bei Fälligkeit überweisen die Käufer die Rechnungssumme an den Verkäufer, der den Betrag an den Factor weiterleitet.
  • Echtes Factoring: Das Factoringunternehmen trägt das Ausfallrisiko, falls die Debitoren bei Fälligkeit der Rechnung nicht zahlen. Diese Factoringart nutzen die meisten Selbstständigen in Deutschland.
  • Unechtes Factoring: Das Ausfallrisiko bleibt beim Kreditor. Der Factor übernimmt nur die Vorfinanzierung der Rechnungen.
  • Full Service Factoring: Ein umfassendes Angebot, bei dem der Factor die Finanzierungsfunktion, die Delkrederefunktion durch Tragen des Ausfallrisikos und eine Dienstleistungsfunktion durch Abwicklung der kompletten Debitorenbuchhaltung übernimmt. Dieses Angebot richtet sich vor allem an KMU ohne eigene Buchhaltungsabteilung, die sich voll auf ihre Kernaufgaben konzentrieren möchten.

Wie läuft der Forderungsverkauf ab?

Vor dem Verkauf von offenen Forderungen schließt du einen Vertrag mit einem Factoringanbieter ab. Die Verhandlungen erfolgen in der Regel online und ohne viel Bürokratie. Deine Bonität und die Zahlungsfähigkeit deiner Kunden werden überprüft und du einigst dich mit dem Factor auf den Höchstbetrag aller angekauften Rechnungen.

Wenn alle Bedingungen des Factoringunternehmens zu deinem jährlichen Mindestumsatz und der Art der gelieferten Waren oder Dienstleistungen erfüllt sind, kannst du während der Laufzeit des Vertrages jederzeit offene Rechnungen einreichen.

Dazu erhältst du Zugang zum Onlineportal des Factors. Nach dem Hochladen überprüft der Factor die Rechnungen und überweist dir den vereinbarten Teil des Rechnungsbetrages innerhalb von 24 bis 48 Stunden.

Für welche Branchen eignet sich Factoring?

Factoring eignet sich für Selbstständige und Freiberufler, die ihre Liquidität steigern möchten. Vor allem diese Branchen profitieren von dem beständigen Cashflow:

  • Online-Händler und stationäre Einzelhändler
  • Zeitarbeitsfirmen und Personaldienstleister
  • Spediteure und Logistikunternehmen
  • Handwerker
  • Maschinenbauunternehmen
  • IT-Branche und E-Commerce
  • Pflegedienste
  • Druckereien

Die meisten Factoringanbieter haben den Forderungsankauf für eine Vielzahl an Branchen im Angebot. Wenn du im Baugewerbe tätig bist, solltest du nach einem Factoringunternehmen suchen, das spezielles VOB-Factoring nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) anbietet.

Welche Vorteile und Nachteile bietet Factoring für Selbstständige?

Neben der schnellen Steigerung der Liquidität und der unkomplizierten Abwicklung bietet Factoring auch den Vorteil einer Bilanzverkürzung. Auf der Aktivseite der Bilanz wird die offene Forderung ausgebucht, da sie beim echten Factoring von dem Factor übernommen wird.

Auf der Passivseite kann der Kreditor seine Verbindlichkeiten reduzieren, indem er die frische Liquidität zum Ausgleich eigener Schulden nutzt. Die Verkürzung der Bilanz macht sich auch beim Rating durch eine Bank oder einen Lieferanten bemerkbar. Die Beurteilung der Kreditwürdigkeit deines Unternehmens fällt deutlich besser aus.

Gibt es Nachteile beim Forderungsverkauf für Selbstständige?

Ein möglicher Nachteil sind die Kosten, die bei dem Ankauf offener Forderungen anfallen:

  • Factoringgebühr von 0,1 % bis 6 % des Rechnungsbetrages, abhängig von der Factoringart sowie vom Jahresumsatz und der Bonität von Kreditor und den Debitoren
  • Zinsen für die vorfinanzierte Forderung
  • Prüfgebühr für die jährliche Bonitätsprüfung der Debitoren

Ein weiterer Nachteil kann darin bestehen, dass Selbstständige bestimmter Branchen vom Forderungsankauf ausgeschlossen sind oder sich nach Spezialanbietern umsehen müssen.

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