Freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbständige – sinnvoll, oder nicht?

Freiwillige Arbeitslosenversicherung

Lesedauer: 3 Minuten

Die Bundesagentur für Arbeit ermöglicht es Existenzgründern, sich als Selbständige freiwillig in der Arbeitslosenversicherung weiter zu versichern.

Seit Anfang 2011 heißt diese Versicherung nun offiziell Antragspflichtversicherung. Da dieser Begriff etwas ungewohnt ist, werde ich die Bezeichnung „Arbeitslosenversicherung“ in diesem Artikel weiterhin verwenden.

Diese freiwillige Weiterversicherung bietet Selbständigen bei einem eventuellen Scheitern der selbständigen Tätigkeit eine kleine finanzielle Absicherung, denn man erwirbt Anspruch auf die Zahlung von ALG I. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeld I richtet sich danach, wie lange du in den zwei Jahren vor deiner Arbeitslosigkeit in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hast.

Allerdings musst du bestimmte Bedingungen erfüllen, um sich in der Arbeitslosenversicherung weiter versichern zu können:

  1. Selbständige müssen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens ein Jahr in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem SGB III (also beispielsweise als Arbeitnehmer, versicherungspflichtiger Krankengeldbezug oder versicherungspflichtige Erziehungszeiten) gestanden haben. Dabei ist es nicht notwendig, dass du durchgehend in diesem Versicherungspflichtverhältnis warst, es können auch verschiedene Versicherungszeiten zusammenaddiert werden. Auch Phasen der freiwilligen Weiterversicherung finden Berücksichtigung.
  2. Du musst unmittelbar vor Aufnahme deiner selbständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung wie ALG I bezogen haben. Dabei spielt die Bezugsdauer keine Rolle.

Antragstellung

Du stellst deinen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung bei der Arbeitsagentur, die dich betreut, innerhalb der ersten drei Monate deiner Selbständigkeit. Die selbständige Tätigkeit muss mindestens 15 Stunden in der Woche einnehmen.

Mit der Antragstellung müssen Selbstständige einen Nachweis über ihre selbständige Tätigkeit vorlegen, also z. B. einen Gewerbeschein oder andere Belege, aus denen die Selbständigkeit zweifelsfrei zu erkennen ist.

Monatliche Beitragshöhe der Arbeitslosenversicherung

2019 zahlst du als Selbständiger in Westdeutschland 77,87 € monatlich, Ostdeutsche 71,75 €. Der Beitragssatz liegt bei 2,5 Prozent des fiktiven Einkommens von 3115 Euro in Westdeutschland bzw. 2870 Euro in Ostdeutschland. Gründer brauchen in den ersten beiden Jahren ihrer Selbständigkeit nur die Hälfte es oben genannten Beitrags zu zahlen.

Nachteil der Versicherung: Du musst mindestens fünf Jahre in dieser Versicherung bleiben und kannst dann mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist austreten.

Eintreten der Arbeitslosigkeit

Falls du dich bei Scheitern deiner Selbständigkeit wieder arbeitssuchend meldest, kannst du die Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen, wenn die üblichen Voraussetzungen für den Bezug vorliegen.

Selbständige können sich arbeitslos melden, wenn ihre wöchentliche Arbeitszeit weniger als 15 Stunden beträgt. Sie müssen deshalb nicht Ihre Selbständigkeit aufgeben oder Ihr Gewerbe abmelden.

Außerdem musst du als ALG I-Bezieher alle Möglichkeiten nutzen, um wieder Arbeit zu finden und auch jede zumutbare Tätigkeit annehmen, die dir die Arbeitsagentur anbietet.

Die Höhe von ALG I richtet sich nach einem fiktiven Arbeitsentgelt und hängt auch von der Qualifikation des Arbeitssuchenden ab. Als Orientierungswert für die Höhe des Arbeitslosengeldes gilt nach Angaben der Arbeitsagentur für 2017 (Steuerklasse III, ohne Kind):

  • Hoch-/Fachhochschule: Qualifikationsgruppe I – 1.494,30 Euro
  • Fachschule/Meister: Qualifikationsgruppe II – 1.295,10 Euro
  • Ausbildung: Qualifikationsgruppe III – 1.086,00 Euro
  • keine Ausbildung: Qualifikationsgruppe IV – 846,00 Euro

Mit Kind und Steuerklasse III liegt der ALG I-Betrag noch ca. 25 Prozent höher.

Wie lange hast du einen Anspruch auf Arbeitslosengeld?

Eine Kündigung der Arbeitslosenversicherung ist frühestens nach fünf Jahren möglich. Danach beträgt die Kündigungsfrist drei Monate zum Ende eines Kalendermonats. Du musst die Kündigung schriftlich einreichen.

Der Ausstieg aus der Arbeitslosenversicherung geht aber noch einfacher – wegen einer Gesetzeslücke. Wenn du länger als drei Monate mit deiner Beitragszahlung im Rückstand bist, wirst du aus der Versicherung geworfen.

Ist die Arbeitslosenversicherung für Selbstständige sinnvoll?

Seitdem sich die Beiträge seit 2012 von Jahr zu Jahr verdoppelt haben, sind viele Selbständige aus dieser Versicherung ausgetreten bzw. nutzen sie bei der Existenzgründung nicht mehr.

Experten sagen, dass der hohe Beitrag in keinem Verhältnis zum Nutzen steht, denn der erworbene Anspruch auf ALG I liegt bei vielen Selbständigen nur ein wenig höher als über dem ALG II-Betrag. Vor allem Gründer ohne Hochschul- oder Fachhochschulabschluss sind benachteiligt, denn sie bekommen bei gleichem Beitragssatz weniger ALG I (siehe oben beim Orientierungswert für ALG I).

Wer gerade gegründet hat und nicht weiß, wie sich sein Geschäft entwickeln wird, für den kann die freiwillige Arbeitslosenversicherung durchaus sinnvoll sein. Du solltest allerdings von Jahr zu Jahr überprüfen, ob der hohe Versicherungsbeitrag für dich selbst gerechtfertigt ist. Das geht am besten, indem du dich informierst, wie viel Arbeitslosengeld du im Leistungsfall bekommen würdest.

(Bildquelle Artikelanfang: © succo /Pixabay.com)

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