Inhalt zuletzt aktualisiert: 20. Januar 2017
Als ich am Mittwochabend die Nachrichten am Fernsehen schaute, dachte ich zuerst, ich höre nicht richtig.
Die Online-Plattform Liberty Reserve, bei der ich auch ein Konto besaß und über deren Angebot ich in den Anfangszeiten meines Blogs einen Artikel geschrieben sowie ein Video-Tutorial für die Eröffnung eines LR-Kontos produziert habe, ist von US-Behörden gesprengt worden, weil dort zahlreiche Hacker, Drogenhändler und andere Kriminelle ihr schmutziges Geld sauber gewaschen haben.
Vor allem Geld, das durch Drogenhandel, Kreditkartenbetrug und Kinderpornografie umgesetzt wurde, soll dort virtuell “gereinigt” worden sein.
Die Website von Liberty Reserve wurde mittlerweile geschlossen und sieht nun so aus wie oben auf dem Bildchen.
Geldwäsche im ganz großen Stil auf Liberty Reserve
Auch im Internet machte diese Meldung ihre Runde. Fast alle großen Online-Nachrichtenportale berichteten über diesen Skandal, der als der größte Geldwäschefall aller Zeiten bezeichnet wird.
Die Machenschaften sollen so abgelaufen sein: Die Betrüger haben sich auf der Plattform von LR registriert, so wie ich es und andere natürlich auch ganz einfach konnten, denn die Personaldaten sowie die Identität wurden ja nicht weiter kontrolliert. Schließlich benötigte man nur eine existierende E‑Mail-Adresse und schon hatte man sein LR-Konto.
Nach Presseangaben haben sich viele noch nicht einmal die Mühe gemacht, ihre dreckigen Finanzgeschäfte zu verschleiern. So wurde auch schon als Zweck der Konto-Eröffnung “für Kokain” angegeben.
Nach der Kontoeröffnung auf Liberty Reserve wurde im nächsten Schritt der Geldwäsche Bargeld anonym in Staaten mit lascher Bankaufsicht transferiert, wie beispielsweise nach Vietnam, Nigeria oder auch Russland.
Dieses Guthaben wurde im dritten Schritt in die digitale Währung von Liberty Reserve umgewandelt, und im letzten Schritt konnte man dieses Geld hin- und her überweisen oder über Dritte erneut in Bargeld zurücktauschen.
Die Drittfirmen gaben den Geldwäschern schließlich den Zugang zu den üblichen Bezahlsystemen wie den Kreditkartenfirmen Visa oder American Express oder den Online-Bezahldienst Paypal.
Ob das digitale Bezahlsystem Liberty Reserve nun durch diese idealen Bedingungen für Kriminelle als virtuelles Geldwäscheinstitut missbraucht oder ob das Unternehmen aus Costa Rica eigens als Schattenbank für Geldwäscher aufgebaut und strukturiert wurde, steht zur Debatte. Die Staatsanwaltschaft aus New York sieht Letzteres als die Realität an.
Mehr als eine Million Kunden soll Liberty Reserve besessen haben, ein Fünftel davon waren US-Bürger. Insgesamt über sechs Milliarden Dollar schmutziges Geld sollen über LR wieder in den Wirtschaftskreislauf gepumpt worden sein.
Liberty Reserve beschlagnahmt und geschlossen
Mit Liberty Reserve ist es nun wohl vorbei. Der Firmengründer und weitere involvierte Personen wurde u. a. in Costa Rica und New York festgenommen. Die Website von LR haben die Ermittlungsbehörden beschlagnahmt und dann geschlossen.
Damit gehört das Kapitel Liberty Reserve mit Sicherheit der Vergangenheit an.
Ich persönlich kann dazu sagen, dass mir der Dienst immer irgendwie suspekt vorkam, weil alles sehr anonym und ohne großen Kontrollmechanismus ablief, und mein Bauchgefühl ist nun durch das Aufdecken krimineller Machenschaften im ganz großen Stil bestätigt worden.
Selbst genutzt habe ich LR nur einmal, dafür bekam ich regelmäßig Phishing-Mails, die nun auch eingestellt werden dürften. Schlimm genug, dass ich — und viele andere ehrliche Mitmenschen — auf eine höchst kriminell agierende Plattform hereingefallen bin.
Ziel sollte es sein, dass die internationale Staatengemeinschaft auch digitale Währungen den Finanzaufsichtsbehörden unterstellt, sodass solche Fälle nicht mehr oder wenigstens nicht mehr in diesem Ausmaß vorkommen.
Noch existierende Geldbeträge auf LR-Konten mit Sicherheit verloren
Für alle diejenigen, die auf ihrem LR-Konto noch Geldbeträge stehen haben, dürfte das Geld mit Sicherheit nicht mehr zu holen sein.
Da kann man sich jetzt freuen, wenn man LR nicht oder kaum genutzt hat.