Selb­stän­dig oder ange­stellt, was ist besser?

Selbständig oder angestellt, was ist besser?

Lesedauer: 6 Minuten

Auf dem Blog “Kar­rie­re und Bil­dung” läuft die Blog­pa­ra­de mit dem Titel “Selb­stän­dig oder ange­stellt, was ist bes­ser?”. Mit die­sem Bei­trag neh­me ich an ihr teil, denn die­ses The­ma spricht mich als Selb­stän­di­ge, die auch schon in Ange­stell­ten­ver­hält­nis­sen gear­bei­tet hat, beson­ders an.

Zuerst ein­mal möch­te ich dem Blog­pa­ra­den-Titel ein wenig wider­spre­chen, denn es lässt sich wohl kaum objek­tiv fest­stel­len, ob nun die selb­stän­di­ge Tätig­keit oder das Ange­stell­ten­ver­hält­nis bes­ser ist. Die Vor­tei­le der zwei ver­schie­de­nen Beschäf­ti­gungs­for­men wer­den von jedem sehr sub­jek­tiv betrachtet.

Ich habe bei­de For­men ken­nen gelernt und fin­de, jede von ihnen hat ihre Vor­zü­ge und ihre Nachteile.

Die Vor­tei­le als Angestellte/​r

Der Groß­teil der Deut­schen arbei­tet in einem Ange­stell­ten­ver­hält­nis. Auch ich war am Anfang mei­ner beruf­li­chen Tätig­keit ange­stellt, und es hat­te vor allem ein gro­ßer Vor­teil, ich bekam einen fest ver­ein­bar­ten Lohn für mei­ne Arbeit.

Die­se Sicher­heit ist wahr­schein­lich der Vor­teil Nr. 1 an einer Tätig­keit als Angestellte/​r. Es sei denn, die Fir­ma oder das Unter­neh­men, für das ich arbei­te, macht Plei­te. Dann blei­ben nur der Weg zur Arbeits­agen­tur und die erneu­te Job­su­che. Zumin­dest bekom­men die meis­ten Ange­stell­ten, die betriebs­be­dingt ent­las­sen wer­den, min­des­tens 6 Mona­te Arbeits­lo­sen­geld, wenn sie zuvor wäh­rend der letz­ten zwei Jah­re min­des­tens 12 Mona­te in einem ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ver­hält­nis beschäf­tigt waren.

Wei­te­re Vor­zü­ge des Angestelltenverhältnisses:

  • Wie schon erwähnt, erhältst du Monat für Monat einen garan­tier­ten Lohn.
  • Als Angestellte/​r musst du dich nicht um dei­ne Sozi­al­ver­si­che­run­gen küm­mern, also um Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung, Arbeits­lo­sen- oder Ren­ten­ver­si­che­rung. Die Ver­si­che­rungs­bei­trä­ge wer­den vom Brut­to­lohn an die ent­spre­chen­den Ver­si­che­rungs­trä­ger abgeführt.
  • Auch um die Abfüh­rung der Steu­ern wie Lohn­steu­er oder Kir­chen­steu­er musst du dich nicht kümmern.
  • Als Angestellte/​r erwirbst du dir einen Ren­ten­an­spruch aus der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung. Das ist bei Selb­stän­di­gen nicht unbe­dingt der Fall, denn sie sind nicht ver­pflich­tet, Bei­trä­ge in die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung ein­zu­zah­len. So müs­sen sie sich pri­vat absichern.
  • Zwar arbei­test du als Angestellte/​r in einem gewis­sen Rah­men auch selb­stän­dig bestimm­te Arbeits­auf­trä­ge ab, den­noch bleibst du meis­tens wei­sungs­ge­bun­den und du arbei­test in fes­ten Struk­tu­ren mit einem klar defi­nier­ten Auf­ga­ben­feld. Als Selbständige/​r bist du dage­gen regel­mä­ßig neu­en Auf­ga­ben und Her­aus­for­de­run­gen aus­ge­setzt, um mit dei­nem Unter­neh­men, auch wenn es klein sein soll­te, vor­an­zu­kom­men und um neue Kun­den bzw. Ein­nah­me­quel­len zu gewin­nen. Außer­dem musst du dich als selb­stän­dig Tätige/​r immer wie­der auf unter­schied­li­che Kun­den und deren Wünsche/​Forderungen einstellen.
  • Als Angestellte/​r arbei­test du meis­tens 40 Stun­den pro Woche, viel­leicht auch mal etwas mehr, den­noch beginnt in den meis­ten Fäl­len der Arbeits­tag um 8 oder 9 Uhr und endet um 17 oder 18 Uhr.
  • An den Wochen­en­den hast du meis­tens frei. :-) Es sei denn, du übst einen Beruf aus, bei dem du ab und zu sams­tags und sonn­tags arbei­ten musst. Bei man­chen Jobs ist der Sams­tag ohne­hin ein Arbeitstag.
  • Als Arbeitnehmer/​in arbei­test du oft in Pro­jekt­grup­pen mit ande­ren Kol­le­gen zusam­men, was durch­aus span­nend sein kann und Spaß macht. Die Pro­jek­te sind meist grö­ßer als bei Selb­stän­di­gen, die einen Ein-Mann- oder Eine-Frau-Betrieb lei­ten, denn grö­ße­re Fir­men ver­fü­gen über mehr Kapi­tal, das für die Rea­li­sie­rung von anspre­chen­den Pro­jek­ten not­wen­dig ist.
  • Wer als Angestellte/​r über ein ange­neh­mes Kol­le­gen­um­feld auf der Arbeit ver­fügt, kann mehr sozia­le Kon­tak­te pfle­gen als bei­spiels­wei­se ein Free­lan­cer, der in sei­nem Home-Office allei­ne vorm Com­pu­ter sitzt und Auf­trä­ge abarbeitet.
  • Wenn der PC im Büro kaputt geht, musst du nicht für die Kos­ten eines neu­en aufkommen.
  • Noch ein wich­ti­ger Punkt, den ich fast ver­ges­sen hät­te: Als Arbeitnehmer/​in hast du gesetz­li­chen Anspruch auf Urlaub, bei einer Fünf­ta­ge-Woche ste­hen dir min­des­tens 20 Tage zu, meis­tens gibt es in den Fir­men sogar 30 Tage Jah­res­ur­laub, die einem ja auch noch bezahlt wer­den. Auch davon kön­nen vie­le Selb­stän­di­ge nur träumen.
  • Viel­leicht bekommst du noch Urlaubs- und Weih­nachts­geld. Man­che Fir­men und Unter­neh­men zah­len die­se Gra­ti­fi­ka­tio­nen an ihre Angestellten.

Ich weiß nicht, ob ich alle Vor­tei­le des Ange­stell­ten­ver­hält­nis­ses auf­zäh­len konn­te bzw. ob mir alle ein­ge­fal­len sind. Wahr­schein­lich gibt es noch mehr, je nach­dem wie posi­tiv man die­se Arbeits­form betrachtet.

Wer beim Lohn auf Num­mer sicher gehen will und lie­ber einem gere­gel­ten Job nach­geht, für den dürf­te das Ange­stell­ten­ver­hält­nis die rich­ti­ge Ent­schei­dung sein.

Die Vor­tei­le als Selbständige/​r

Doch nun zur Selb­stän­dig­keit, die ganz gewiss ihre Tücken hat, denn sie bedeu­tet, dass man sein Ein­kom­men selbst erar­bei­ten muss. Gera­de in der Anfangs­zeit rasen die Mona­te an einem vor­bei und die Kun­den­ge­win­nung geht eher schlep­pend voran.

Dass die Selb­stän­dig­keit kein para­die­si­scher Zustand ist, den es unbe­dingt anzu­stre­ben gilt, zeigt die Zahl der Selb­stän­di­gen, die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ste­tig zurück­ge­gan­gen ist. Die Haupt­grün­de dafür sind ein­mal die demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung, denn Unter­neh­men wer­den meist von 30- bis 40-Jäh­ri­gen gegrün­det, eine Alters­grup­pe, die immer wei­ter schwin­det, und ein­mal die recht gute Arbeits­markt­si­tua­ti­on in Deutsch­land, sodass es des­we­gen auch weni­ger Grün­dungs­wil­li­ge gibt. Schließ­lich grün­den vie­le nur des­halb, weil sie kaum Chan­cen hat­ten, einen Arbeits­platz zu fin­den. Aktu­ell gehen in Deutsch­land ca. 4,3 Mil­lio­nen Men­schen einer selb­stän­di­gen Tätig­keit nach.

Allen Nach­tei­len zum Trotz, hat die Selb­stän­dig­keit auch ihre Vor­tei­le gegen­über einer Angestelltentätigkeit:

  • So kannst du dir dei­ne Arbeits­zeit frei ein­tei­len, vor allem wer für sich allei­ne arbei­tet, muss nicht unbe­dingt um 8 oder 9 Uhr anfan­gen. Und wer spon­tan einen Nach­mit­tag frei neh­men will, muss nicht beim Chef oder im Per­so­nal­bü­ro anfra­gen, ob das mög­lich ist. Sicher­lich wird man als Selb­stän­di­ger meis­tens regel­mä­ßig (und lan­ge!) arbei­ten, aber die Mög­lich­keit einer klei­nen Aus­zeit besteht.
  • Wer ein rei­nes Online-Busi­ness betreibt, ist sogar orts­un­ab­hän­gig und kann von über­all arbei­ten, so wie es mitt­ler­wei­le vie­le digi­ta­le Noma­den machen. Du kannst es dir also aus­su­chen, von wo du arbei­ten willst. Magst du den deut­schen Win­ter nicht? Dann lebe in die­ser Zeit in einem war­men Land. Oder du ver­bin­dest bei­des dau­er­haft: Rei­sen und online arbei­ten über einen län­ge­ren Zeit­raum haben schon vie­le erfolg­reich umgesetzt.
  • Du bist dein eige­ner Chef, es gibt also nie­mand, der dir Anwei­sun­gen jed­we­der Art erteilt. Du musst nicht mit einem unge­lieb­ten Chef zurecht­kom­men, was durch­aus belas­tend sein kann.
  • Genau­so wenig hast du Kol­le­gen (wenn du ein Ein­zel­kämp­fer bist). Das kann manch­mal etwas ein­sam sein, hat aber auch sei­ne gro­ßen Vor­tei­le, denn jeder kennt den Spruch: “Wer Kol­le­gen hat, braucht kei­ne Fein­de mehr.” Du wirst nicht gemobbt, brauchst dich nicht in Teams mit unter­schied­lichs­ten Cha­rak­te­ren ein­zu­brin­gen und musst nicht die Lau­nen ande­rer aus­hal­ten. Gera­de Ein­zel­gän­gern fällt es oft sehr schwer, in gro­ßen Pro­jekt­teams zu arbei­ten und mit den ande­ren Mit­ar­bei­tern klar zu kommen.
  • Soll­test du dich irgend­wann per­so­nell ver­grö­ßern, kannst du dir dei­ne zukünf­ti­gen Mit­ar­bei­ter selbst aus­su­chen, was nicht heißt, dass du mit ihnen nie­mals Ärger bekommst. Aber du bist ihnen gegen­über als Chef in einer ande­ren Position.
  • Sel­ten kommt bei der selb­stän­di­gen Tätig­keit eine lang­wei­li­ge Rou­ti­ne auf, son­dern du bleibst dau­er­haft gefor­dert und wirst auch stän­dig mit neu­en Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert. Wer immer wie­der Neu­es mag und sich vom Unbe­kann­ten nicht ein­schüch­tern lässt, wird an der Selb­stän­dig­keit mit Sicher­heit gro­ßen Gefal­len finden.
  • Wer bei­spiels­wei­se als Web­de­si­gner arbei­tet, ver­fügt damit in den meis­ten Fäl­len nicht nur über Kennt­nis­se in der Web­site-Erstel­lung, son­dern auch über Wis­sen, was Online-Mar­ke­ting und ande­re Inter­net-Trends angeht. So hast du die Mög­lich­keit, wei­te­re Online-Pro­jek­te zu star­ten, mit denen sich auch Geld ver­die­nen lässt oder du zumin­dest dei­ne Exper­ten­re­pu­ta­ti­on stei­gern kannst (was für die Kun­den­ge­win­nung sehr wich­tig ist). Die­se Mög­lich­keit, neue Ideen zu rea­li­sie­ren, gibt es auch in ande­ren Branchen.
  • Last but not least: Du hast als Selbständige/​r die Chan­ce, deut­lich mehr Geld zu ver­die­nen als im Ange­stell­ten­ver­hält­nis. Auch wenn es bei den meis­ten selb­stän­dig Täti­gen ein Traum bleibt, durch ihre eige­ne Arbeit ein Ver­mö­gen anzu­häu­fen, die Chan­ce, es zu schaf­fen, besteht. Im klas­si­schen Ange­stell­ten­ver­hält­nis ist dies kaum mög­lich, es sei denn, du bist ein hoch bezahl­ter Manager. :-)

Auch für die­sen Punkt wer­de ich nicht alle exis­tie­ren­den Vor­tei­le zusam­men getra­gen haben, du fin­dest zumin­dest die vor, die für mich wesent­lich sind.

Wer sich als “Macher” sieht, in einem Ange­stell­ten­ver­hält­nis sich ein­ge­engt fühlt, lie­ber eige­ne Ideen umsetzt und kei­ne Angst vor der Unge­wiss­heit — auch der finan­zi­el­len — hat, dürf­te sich als Selb­stän­di­ger sehr zufrie­den fühlen.

War­um nicht beides?

Es gibt sicher­lich eini­ge Arbeiternehmer/​innen, die davon träu­men, selb­stän­dig zu sein. War­um also es nicht wenigs­tens ver­su­chen? Du musst nicht gleich dei­nen siche­ren Arbeits­platz auf­ge­ben, son­dern kannst es zuerst ein­mal im Neben­job probieren.

Viel­leicht hast du schon eine gute Idee, die es nur noch umzu­set­zen gilt, oder du bist auf der Suche nach einer für dich pas­sen­den Geschäfts­idee. Im Inter­net fin­den sich zahl­rei­che Web­sites, auf denen du dir Inspi­ra­tio­nen für dich selbst holen kannst. Wie sich dei­ne neben­be­ruf­li­che Selb­stän­dig­keit ent­wi­ckeln wird, hängt haupt­säch­lich von dei­nem Enga­ge­ment und dei­ner gewähl­ten Geschäfts­idee ab.

Auf jeden Fall soll­te es dir nichts aus­ma­chen, über weni­ger Frei­zeit zu verfügen.

Fazit

Selb­stän­dig oder ange­stellt: Für den einen mag die beruf­li­che Frei­heit das A und O sein, für den ande­ren die finan­zi­el­le Absi­che­rung. Ich selbst habe mich vor ein paar Jah­ren für die Selb­stän­dig­keit ent­schie­den. Bereut habe ich es noch nicht. Hof­fent­lich bleibt es so.

(Bild­quel­le Arti­kel­an­fang: © Tho­mas Rei­mer # 82255835 /Fotolia.com)

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